"Bauschheim zur Separatistenzeit" - ein Beitrag zur Heimatgeschichte"

schwere Unruhen im Dorf vor 100 Jahren

Ein Vortrag von Frank Völker

 

Bericht aus Main Spitze, 


Unruhige Tage in Bauschheim
Frank Völker erläutert in einem Vortrag, warum im Rüsselsheimer Stadtteil vor 100 Jahren Vieh gestohlen wurde und Scheunen brannten


Von Daniela Ammar
RÜSSELSHEIM.
Detektivarbeit hatte Frank Völker zu leisten, als er begann, die Geschehnisse des 26. und 27. Oktober 1923 in Bauschheim aufzuarbeiten. Bei der Plauderrunde des Vereins „Für Bauschheim“ präsentierte Völker die  rgebnisse seiner Recherchen und zeigte in seinem Vortrag auf, warum in Bauschheim vor rund 100 Jahren Vieh gestohlen, Sachbeschädigungen geschahen und Scheunen in Brand gesteckt wurden. Seinen Einstieg fand der Hobbyhistoriker, indem er das Zeitgeschehen von damals dokumentierte. Dazu zog Völker nicht nur Bildmaterial heran, sondern untermalte dieses auch akustisch. „Als Bub hörte ich bei Kaffeerunden, also  Geburtstagsfeiern, immer mal was von der sogenannten schlimmen Zeit, wobei hier die Separatistenzeit gemeint war“, erläuterte der Bauschheimer. „Erfahren habe ich dabei aber nie Genaues oder Hintergründe“. Grund  enug für Völker, sich nun im fortgeschrittenen Alter auf die Suche zu begeben. Und nicht nur im Heimatverein Rüsselsheim, sondern auch im Staatsarchiv Darmstadt fand er schließlich Material, um die Geschehnisse  aufzuklären und aufzuarbeiten. Von der „Weimarer Zeit“ über Besatzungszonen und die Inflation arbeitete sich Völker vor bis zu dem Zeitpunkt, als es in Bauschheim richtig „krachte“: eben jenen beiden Tagen am 26./27. Oktober 1923, als die Situation eskalierte und schlimm endete. Aber wie kam es dazu? Im August des Jahres 1923 erreichte die Notzeit in Rüsselsheim ihren Höhepunkt. Die meisten der Arbeiter der Opelstadt waren  arbeitslos, und es entstanden Unruhen angesichts der Lebensmittelknappheit. Diese wurden von den Separatisten (mit Unterstützung der Franzosen) zu Zwecken ausgenutzt, die in Plünderungen, Diebstählen und  Schießereien endeten. Die Lebensmittelnot war der ausschlaggebende Punkt, der dazu führte, dass erwerbslose Rüsselsheimer nach Bauschheim zogen, um sich dort Vieh anzueignen. Den Widerstand der Bauschheimer am Freitag, den 26. Oktober 1923, ließen die Rüsselsheimer nicht auf sich sitzen, weshalb die von den Separatisten aufgewiegelten Rüsselsheimer den Tag darauf erneut gen Bauschheim zogen, allerdings  wesentlich gewaltbereiter. Es kam zur Eskalation, die darin mündete, dass vier Scheunen in Brand gesetzt, Vieh und andere Vorräte gestohlen wurden und sogar der Sohn des Separatistenführers Heinrich Dörfler sein Leben lassen musste.
Zu „Wort“ kamen bei der Plauderrunde die angeklagten und betroffenen Beteiligten der beiden Tage, wobei diese die damals zu Protokoll gegebenen Aussagen verlasen. Gebannt lauschte das Publikum im vollbesetzten  Bürgerhaus dabei den Ausführungen, die am Ende noch durch Fotografien der abgebrannten Gebäude ergänzt wurden. Wochenlang hielten die Unruhen nach den Geschehnissen auf den Straßen Rüsselsheims an, die Bewohner wurden von den Separatisten noch ein weiteres Jahr terrorisiert, ehe die Separatistenzeit 1924 schließlich endete.

Aber worin liegt die Faszination für diesen Teil der Geschichte, der schließlich ein ganzes Jahrhundert zurückliegt? „In Krisenzeiten neigen die Leute dazu, den Schreihälsen, wie damals, zuzusprechen. Leider sehen wir  diese Entwicklung heute wieder“, erläuterte Frank Völker, der für seinen Vortrag viel Beifall erhielt.

Impressionen von der Veranstaltung:

 

 

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